Es ist Frühjahr. Ein Loch, ein Erdloch, eine Höhle, ein Nest – die Unterwelt ruft. Das Verborgene wirkt gespenstisch. Was kann sich im Innern abspielen: kein Licht, Dunkelheit, Enge, Depression oder Geborgenheit, Schutz, Ruhe, Sicherheit. Vielleicht ist es von allem ein bisschen. Und noch ein Quäntchen Wärme dazu. Im Winter ist es kalt, für Insekten wird es schnell lebensgefährlich, da bietet so ein Unterschlupf viele Vorteile.
Jedem ein Zuhause
Interessanterweise steigt dieses kleine Insekt in den Gang zu seinem Bau genau vor unserer Haustür, dem Eingang zu unserem Gartenhaus. Während es hinein krabbelt, können wir unser Domizil betreten, von ihm gänzlich unbeachtet. Es würdigt uns keines Blickes bzw. es nimmt uns nicht zur Kenntnis. Warum auch? Vermutlich sieht es uns nicht als Konkurrenten, dafür anscheinend aber für umfänglich ungeeignet, ihm durch das kleine Loch ins Erdinnere zu folgen. Möglicherweise bemitleidet es uns auch, dass wir nicht über die gleichen Fähigkeiten und Möglichkeiten verfügen wie es selbst und als Menschen einfach zu groß und zu beleibt sind.
Perspektivwechsel
Vielleicht nimmt uns das kleine Insektchen auch gar nicht wahr. Wir es dagegen schon. Vielleicht ist das der Anfang einer Reihe … und es gibt Wesen, die sich unmittelbar vor unseren Füßen befinden, uns beobachten, während wir sie dagegen nicht erkennen. Und vor denen tummeln sich wieder andere. Man muss bedenken, wenn ein Mann 1,74m groß ist und das Insekt 4mm klein, dann ist er 435 mal so groß. Dass wäre so, als wenn der Mann einem 756,9m großen Wesen gegenüber stünde. Das wäre ungefähr dreimal so hoch wie der Messeturm in Frankfurt, also schon ein ziemlich großes Über-Ich.
Das kleine Insekt
Bleiben wir dabei, was wir wissen. Es ist nicht Kerberos, der Höllenhund, der ›Dämon der Grube‹, der in der griechischen Mythologie den Eingang zur Unterwelt bewacht, sodass kein Lebender eindringt und kein Toter herauskommt. Jedenfalls sieht dieses kleine Insekt nicht so aus und … es wirkt absolut friedliebend. Was für ein Glück für uns. Wir werden den Bereich abriegeln, damit wir nicht versehentlich drauftreten oder das Loch verschließen. Aber da haben wir schon das nächste Problem: Wo gibt es so ein kleines Absperrband?
